Das Storedal Kultursenter - ein verstecktes Juwel norwegischer Kunstgeschichte, ein Treffen zweier Giganten der norwegischen Moderne, initialisiert und ins Leben gerufen durch Erling Stordahl, einem Musiker und Philanthropen. 1970 eröffnet, ist das Kulturzentrum heute so lebendig wie damals. Das Kultursenter ist ein Erlebnis von Natur, Landschaft, Geschichte, Kultur und Kunst - so, wie es von Stordahl beabsichtigt war. Ein Geheimtipp zum Entdecken und zum Erleben.
Skulpturenpark: Abstrakte Skulptur - Skulptur eines Mutterschafs mit zwei Lämmer - Skulptur «Spire» von Kazuhiro Nomura.
Erling Stordahl war es ein Anliegen, Kunst begreifbar zu machen - für sehbehinderte, aber auch für nicht-sehbehinderte Personen. Wenn Du magst, so bist Du somit in bester Gesellschaft, die Skulpturen nicht nur zu betrachten, sondern sie auch anzufassen. Vor dir haben dies übrigens schon verschiedene Staatsmänner und Prominenz getan.
Die meisten Skulpturen stammen von Kinjo Gakui, einem japanischen Bildhauer und Professor der Universität Nagoya (Japan). Seine vier letzten Werke bilden zusammen das Werk «De fire årstidene», die vier Jahreszeiten. Die Skulptur «Spire» (Spitze) beschreibt den Frühling und dessen Vitalität nach einem langen, kalten Winter. «Fly» (Flug) steht für den Sommer und beschreibt das Gefühl, wenn man einatmet und den Vögel zuschaut, die anscheinend mühelos im blauen Himmel durch die Luft fliegen. Das Werk «Vind» (Wind) schuf der Künstler in Anlehnung an den Gott des Windes. Er stellte sich dabei den Wind vor, der durch die herbstlichen Weizenfelder weht. Die Skulptur «Måne» (Mond) wurde durch den Mond inspiriert, seinem Geist und seiner Präsenz. Das Werk steht für den Mond, der hoch über der verschneiten Winterlandschaft Norwegens scheint.
Die Klangskulptur «Ode til lyset» (Ode an das Licht) ist das Hauptwerk des Kulturzentrums. Die Skulptur ist ein Gemeinschaftswerk zweier Giganten der norwegischen Moderne, dem Bildhauer Arnold Haukeland und dem Komponisten Arne Nordheim. Das Haukeland geschaffene Werk zeigt eine Konstruktion, die aus zwei langen, schwarzen Streben besteht. Sie stellen verzweifelt zum Himmel gestreckte Arme dar. Zwischen den Armen schießt ein silberner Strahl empor. Er steht für das Licht, das mit unbändiger Kraft nach oben strebt.
Nordheim war für den Klang zuständig. Er arbeitete mit Ingenieuren des Akustiklabors in Trondheim zusammen. Sie beschlossen, die Oberfläche der Skulptur mit fotoelektrischen Zellen auszustatten, damit das Licht der Umgebung einzufangen, in Form von Klängen wiederzugeben und dadurch das Licht hörbar zu machen.
Haukeland wiederum schuf darauf hin den großen, schwebenden Ring aus Edelstahl um das Zentrum der ausgestreckten Arme. Insgesamt 26 Lautsprecher wurden am Ring und der Figur angebracht.
Funfact: Das Konzept bewährte sich derart gut, dass nach einigen Monaten nach Inbetriebnahme, der laute Klang der Skulptur maßgeblich gedämpft werden musste. Die zuständige Behörde war der Ansicht, dass die Vögel und Tiere in der Umgebung durch die Lautstärke verstört würden.
Der Sinnesgarten wurde wie eine Pflanze geformt. Ein Fußweg stellt den Pflanzenstil dar, während acht Ausbuchtungen die Blätter der Pflanze verkörpern. Der Garten besteht aus über 200 Pflanzen. Im April, als ich dort war, waren die Pflanzen leider noch nicht am Blühen. Im späteren Frühling und im Sommer, wenn die Blüten blühen und duften, sei der Garten ein Zusammentreffen unterschiedlichster Farben, sagte mir ein Besucher aus der Umgebung. Der Garten wurde von Professor Egil Gabrielsen von der Norwegischen Universität für Agrarwissenschaften angelegt. Die Pflanzen sind in normaler, taktiler und Braille-Schrift beschildert.
In der Helleristningsutstilling sind sieben Abbildungen von Petroglyphen (Felsritzungen) ausgestellt. Die Felsenbilder wurden während der Bronzezeit, vor etwa 1500 - 500 v. Chr., in den Stein gearbeitet. Erst später wurden die Bilder mit roter Farbe aufgefüllt, um sie besser sichtbar zu machen. Vor wenigen Jahren wurde beschlossen, die Farbe allmählich zu entfernen und damit das bronzezeitliche Kulturerbe in seiner ursprünglichen Form zu erhalten.
Die Ausstellung zeigt eine Auswahl der bekanntesten Bilder aus der näheren Umgebung in der Region Østfold. Jedes der ausgestellten Bild wird in deutscher, norwegischer und englischer Sprache erläutert. Sämtliche Bilder wurden maßstabsgetreu abgebildet.
Storedal Kultursenter - 3 der insgesamt 7 Felszeichnungen der Ausstellung: «Begby Schule», «Kalnes Feld» und «Hornesfeld».
Begby Schule
Die Vergangenheit Östfolds hat durch die Felsbilder Spuren hinterlassen, die darauf schließen lassen, wie das Leben zur Bronzezeit war. Im Abbild der Begby Schule zeigen Motive von Menschen und
Tieren. Die Menschen waren zu jener Zeit als Bauern tätig. Die Motive geben Hinweise, über die Bedeutung der Landwirtschaft zur damaligen Zeit.
Kalnes Feld
In den im Abbild «Kalnes Feld» gezeichneten Booten befinden sich die Seeleute in Reih und Glied. Sie halten ihre Paddel wie zum Gruß gedacht in die Höhe. Neben den Schiffen finden sich weitere
Motive wie Radkreuze und Tiere. Die Radkreuze werden als Sonne interpretiert, die von den Schiffen über den Horizont gezogen wird.
Hornesfeld
Auf dem Hornesfeld sind 21 Schiffe auf einer fast senkrechten Felsplatte abgebildet. Alle Schiffe sind in Richtung der Küste und des Hafens ausgerichtet. Das Felsbild stammt aus der mittleren bis jüngeren Bronzezeit, ca. 880 - 700 Jahre v. Chr. Außer den Schiffen und einigen Opferschalen sieht man auf dem Felsbild eine Person, die in die Luft gesprungen ist.
Sämtliche Erläuterungen stammen von den Tafeln der einzelnen Abbildungen.
In der Mitte der Ausstellung, von Holzbodenbrettern umfasst, ist das Abbild des Bjørnstadskipet (Bjørnstadschiff) zu sehen. Es handelt sich um ein massstabgetreues Abbild der im Original 4 m langen und 1,5 m hohen Felsritzung. Das Bjørnstadskipet ist Norwegens und vermutlich sogar Europas größte Einzelfelszeichnung. Die in der Zeichnung dargestellten Schiffe waren während der Bronzezeit wichtig. Sie wurden als Transportmittel, für den Handel und das Fischen genutzt. Die vertikalen Striche im Schiffe stellen die Mannschaft dar. Die Darstellung zeigt eindrücklich auf, wie viele Männer notwendig waren, um die Schiffe in Bewegung zu setzen. Man geht davon aus, dass die Schiffe auf den Felszeichnungen auch eine religiöse, rituelle Funktion hatte.
Die Zeichnung liegt in der Umgebung von Sarpsborg. Sarpsborg ist bekannt als die Stadt mit den meisten Felszeichnungen. Bisher wurden über 600 Felszeichnungen entdeckt.
Im Amphitheater wird das Stück über König Magnus den Blinden aufgeführt.
Die Sage vom König Magnus
Die Mutter von Magnus, Borghild Olavsdatter von Storedal sei eine fromme und wunderschöne Frau gewesen. Øystein Magnusson, der zusammen mit seinen Brüdern Olav und Sigurd Jorsafares König von Norwegen war, habe sie öfters begleitet. Als Øystein Borghild verließ, kamen böse Gerüchte über die Keuschheit Borghilds auf. Sie beschloss, die Prüfung der eisernen Last zu durchgehen, um ihre Unschuld zu beweisen. Für die Prüfung musste sie hungern und anschließend barfuß eine Last aus Eisen über glühende Kohlen tragen. Der Sage nach bestand sie die Prüfung.
Als König Sigurd Jorsafares von der Heldentat erfuhr, habe er sich schnurstracks auf die beschwerliche Reise nach Storedal begeben. Er habe sich nicht geschont, wird erzählt. Allein an einem Tag habe er die Entfernung von zwei Tagesstrecken hinter sich gebracht, nur um so rasch wie möglich bei Borghild einzutreffen und sie zur Frau zu nehmen. Wenig später habe sie Magnus, den Königssohn, geboren.
König Sigurd starb 1130 und Magnus wurde bereits mit 13 Jahren König. Mit dem Tod Sigurds entbrannte ein Krieg um die Macht. Magnus musste wiederholt Kämpfe gegen die anderen Erben der Königsbrüder austragen, die ebenfalls Anspruch auf den Königsthron machten. 1135 wurde er in Bergen gefangen genommen. Magnus wurde in der Gefangenschaft misshandelt und geblendet. Man hakte ihm einen Fuß ab, entmannte ihn, damit er die Reihe der Könige nicht mehr fortsetzen konnte. Magnus fiel schließlich 1139 in der Schlacht bei der Insel Grey, rund fünf Kilometer von Storedal entfernt.
Erling Stordahl (1923-1994) war ein norwegischer Musiker und Philanthrop. Mit sechs Jahren begann er zu erblinden und war mit zwölf Jahren vollständig blind. Stordahl empfand seine Behinderung jedoch nicht als Tragödie, um die er zu bemitleiden sei. Im Gegenteil er setzte sich gegen diese Auffassung mit all seiner (Schaffens-)Kraft und seinen weitreichenden Visionen ein. Für ihn waren alle Menschen unterschiedlich - und deshalb gleichberechtigt.
Ab 1951 nahm er mit seinem Musikerkollegen Gunnar Engedahl während 17 Jahren rund 120 Lieder auf. Während dieser Zeit kämpfte er mit den internationalen Stars wie Elvis Presley um die Nummer 1 der norwegischen Charts. Während und nach seiner Musikkarriere setzte er sich maßgeblich für sehbehinderte Menschen ein und gründete verschiedene Organisationen mit internationalen Ablegern. Stordahl wurde 1994 im Rahmen eines Staatsbegräbnisses für sein Schaffen und seine Verdienste gewürdigt. Ein bescheidenes Denkmal auf seinem Grab, eingangs des Kulturzentrums, erinnert an ihn. Auf der Tafel stehen seine Worte «Ich glaube an etwas Großes, nämlich daran, dass wir alle schwach sind und deshalb einander brauchen. Hier entsteht das Licht».
Das Storedal Kultursenter liegt knapp 10 km (Luftlinie) von Fredrikstad, im Süden Norwegens, weniger als 20 km von der Grenze zu Schweden entfernt. Die norwegische Hauptstadt Oslo liegt rund 80 km nördlich.
Standort
Storedalveien 215 in der Gemeinde Skjeberg.